Und dann steige ich erstmalig zur Musik von Stan Getz ins Auto und fahre die alt bekannte Straße hinunter, die sich bei diesen jazzigen Klängen immer mehr in die Corniche an der Côte d’Azur wandelt, wähne mich in einem sechziger Jahre Film vielleicht von Godard in einem Aston Martin Cabriolet, winkele lässig den linken Arm aus dem Fenster. Ja, cool wäre jetzt noch eine Zigarettenkippe im Mundwinkel à la Belmondo, gut, solange sie nicht brennt, sei auch dies Klischee bedient. Es ist so herrlich, an diesem Freitagnachmittag durch die Gegend zu fahren unter diesem mit Wolkewattebäuschen durchsetzten Himmel, es ist Spätfrühling oder Frühsommer, gleich werde ich es erneut spüren, dieses Lächeln, das ganz woanders herkommt, wenn ich wieder an diesem Mohn besetzten Hang passiere, es sind ein paar Quadratmeter nur. Für jedermann sichtbar, aber wohl nur für mich erkennbar. Ein privates Public Viewing, sozusagen. Und jedes Mal, wenn es mich trifft, dieses Lächeln aus dem Mohnfeld, denke ich daran, wie gut es mir geht, mache mir bewusst, wie ich mich fühle seit diesen wenigen Tagen, in denen Wortketten sich an einander reihen, Blicke sich treffen, Umarmungen mich einfach nicht mehr los lassen. Die Gedanken haben ein Ziel, dem sie ständig folgen. Das Herz ist in purer Aufregung und der Kopf kann all dies einfach nicht fassen, Out Of Nowhere, so einfach aus dem Nichts, mitten in der Nacht, warst du da. Seitdem fühle ich eine vertraute Hand, die mich führt, durch einen Park über Stock und Stein, bergauf, bergab, und wir blicken von dieser Aussichtsplattform hinunter ins Tal, schweigen für einige heilige Momente, bis uns die Sprache wieder hat. Es folgen Geschichten, die uns das Leben auf den Leib geschrieben hat. Und ich möchte nicht aufhören, dir zuzuhören, deine Stimme in mir aufzusaugen, dein Lachen in mir nachhallen zu lassen. Es ist schön und sie tun gut, diese neue Nähe und das stetig wachsende Vertrauen. So sitzt du neben mir hier und jetzt in diesem Auto und aus einem alten verrauschten Schwarzweißschmalfilm wird allmählich sattes, farbenfrohes, atemberaubendes Cinema Scope. Und gleich sind wir in Cannes, werden unter Palmen in diesem Café an der Uferpromenade sitzen, einen starken Espresso trinken, du mit Zucker und ich wie immer ohne und aufs blaue Meer blicken…
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