Pat McManus am 16.11.2009 im Spirit of 66, Verviers (B)

Pat McManus

Pat McManus

Auf dem Weg durchs Hohe Venn Richtung Verviers höre ich quasi als Einstimmung Pat’s CD «Live…and In Time». Mit jedem Kilometer und jedem weiteren Titel steigt meine Vorfreude auf dieses Konzert. 

Patrick Frances McManus ist nicht gerade das, was man einen Frischling auf den Bühnen dieser Welt bezeichnen kann. Er stammt aus einer sehr musikalischen Familie aus Derrylin, County Fermangh, Nordirland. Mit seinen Brüdern John und Tommy spielte er in den frühen Achtzigern in der Band «Mama’s Boys» (nicht zu verwechseln mit der Band gleichen Namens von Johnny Mastro aus den USA). Phil Lynott nahm sie mit auf die Abschiedstournee von Thin Lizzy. 

Heute ist er mit Gordon Sheridan am Bass und Paul Faloon an den Drums unterwegs. Wieder einmal ein klassisches Powertrio also. 

Und dass in diesem Trio Power steckt, spiegelt schon die oben erwähnte CD wieder, sieht man die Drei auf der Bühne, bekommt das Ganze weitere Dimensionen.
Ums vorweg zu sagen: Ein Konzert von Pat McManus ist nichts für Bluespuristen. Wer aber Bluesrock mag, wobei Pat hier auch mal gerne straffere Saiten spielt, die vereinzelt schon leicht hardrockig bis metallisch klingen, ist bei diesem irischen Wirbelwind bestens aufgehoben. 

Das musikalische Menü des heutigen Abends reicht somit von hart-, bluesrockigen, bluesigen bis hin zu besten irisch- folkigen Happen. Alles bestens garniert von entsprechenden Bass- und Schlagzeugfundamenten. Ein weites Spektrum wartet auf den geneigten Zuhörer. 

Pat McManus

Pat McManus

Spielfreude und technische Klasse kann man allen drei Akteuren bescheinigen. Die erste halbe Stunde greift ein Titel in den anderen, man hat eigentlich keine Chance, zu applaudieren. Dann erst meldet sich Pat das erste Mal zu Wort, um die etwa 60-70 Leute im Publikum zu begrüßen. 

Und da ist er, dieser irische Akzent, den ich so gerne höre. Und Irisches schimmert auch immer wieder durch die Titel. «Juggernaut» zum Beispiel steht in bester keltischer Tradition. Pat pflegt hier die Technik des Tappings, und das führt er so perfekt vor, dass einem beim puren Zusehen schon leicht schwindelig wird. Vom Sound her imitiert er hier die Uilleann Pipes, die irische Ausgabe des Dudelsacks. Ähnliches bei «Big Hair». Hören kann man im Prinzip eine zweite Gitarre, die eine Harmonielinie spielt. Das kennt man von Thin Lizzy, Allman Brothers oder auch Lynyrd Skynyrd. Um nur einige zu nennen. Möglich wird das durch ein kleines Effektpedal aus dem Hause Boss, dem Super Shifter. Wirklich beeindruckend. Das spart den zweiten Gitarristen und all die Folgekosten hierfür. 🙂 

Bei «Runaway Dreams», einem alten Titel der Mama’s Boys greift Pat mitten im Titel zur E- Geige und spielt hier die Fortsetzung seines Solo. Und wie! Pat grinst hinter seinem Geigenbogen hervor, ich stehe staunend einen Meter entfernt, rechtzeitig fällt mir noch ein, ein, zwei Fotos zu schießen. 

Pat McManus

Pat McManus

Als Ire hat er selbstverständlich eine besondere Affinität zum unerreichten Gitarrengott der grünen Insel: Rory Gallagher. «I Take What I Want» ist das erste Zeichen in die Richtung. Innerhalb von zwei Wochen höre ich diesen Titel zum dritten Mal live: Julian Sas und Larry Miller hatten ihn ebenfalls auf der Setlist. So groß die Lücke auch sein mag, Rory hinterlässt, umso deutlicher sicht- bzw. hörbar sind seine Spuren. Klar, die meisten Sechssaitenhelden aktueller Prägung verneigen sich immer noch vor Jimi Hendrix, aber immer mehr machen ihre Verehrung für Rory Gallagher deutlich. Gut so, weiter so, mehr davon. 

So richtig deutlich wird das in Pat’s Song «Return Of The G-Man». Textlich sind hier einige Anspielungen auf Gallagher Titel verarbeitet. Dazu beste irische, akustische Gitarrenarbeit im berühmten DADGAD- Tuning. Direkt im Anschluss «Out On The Western Plain», Huddie Leadbetter, aka Leadbelly, hat ihn geschrieben, Rory hat ihn 1975 auf seinem Album «Against The Grain» eingespielt. Pat hatte sich immer gewundert, wie Rory das auf der Gitarre spielt, bis dieser ihm das Geheimnis diseer speziellen Gitarrenstimmung verriet. „So habe ich es dann auch gelernt und kann es euch heute vorspielen.“ Was er dann auch tut. Wäre die Stimme nicht ein wenig anders, man könnte meinen… 

Natürlich weiß der gute Pat auch, wie man einen Blues spielt. «Low Down Dirty Blues» vom neuen Album «2pm» beispielsweise. Oder «Garbage Man» auch wieder à la Rory. Egal, in welches Stilgefilde Mr. McManus sich begibt, er hat das richtige und sichere Händchen dafür. 

Pat McManus

Paul Faloon & Pat McManus

Zugaben gibt es natürlich auch. Und die haben es nochmals in sich: „Manchmal spielen wir den Song, manchmal nicht. Und heute spielen wir ihn. «Black Rose» von Thin Lizzy.“ Wer den Song kennt: Hier perlen diverse irische Melodien durch die Saiten der roten Paul Reed Smith. Auch hier wieder authentische Harmonieläufe. Verblüffend dieser Sound. Thin Lizzy‘ s back in town…. Pat’s Stimme kommt der von Phil Lynott sehr nah. 

Leute, ich gebe es zu: Ich bin fertig mit der Welt. Das hatte ich hier und heute nicht erwartet. 

Aber wenn du denkst, eine Steigerung ist nicht mehr möglich, dann solltest du nicht zu einem Pat McManus Konzert gehen. 

Der wirklich krönende Abschluss resultiert aus einer eher traurigen und tragischen Tatsache: Am 16. November 1994 verstarb Pat’s Bruder Tommy. Also auf den Tag genau vor 15 Jahren. Anlass genug «Free Bird» anzustimmen. 

Es gibt die volle Breitseite. Irgendwie schafft es Pat, alleine das zu spielen, wozu Lynyrd Skynyrd drei Gitarristen brauchen. Jedenfalls kommt es mir so vor. Egal, ob beim Slide- oder Standardspiel. Ich bin hin und auch weg. 

Nach dem Gig stehen wir noch länger zusammen, Pat erzählt von Irland, den Rory Memorials, auf denen er spielt, Drummer Paul und Bassmann Gordon gesellen sich dazu. Alle drei strahlen über jeweils beide Backen. Sie sind hoch zufrieden und begeistert von der Atmosphäre heute Abend im Spirit of 66. 

Und die war außerordentlich gut. Und das an einem Montag! 

„Thanks a million…“, so verabschiedet sioch Pat von mir. Und ich denke, dass ich diese Worte schon einmal gehört habe… 

Fazit: Wer ein Konzert der ganz besonderen Art erleben will, ist bei Pat McManus, der übrigens ein sehr guter Freund von Barry McCabe ist, bestens aufgehoben. Uneingeschränkt empfehlenswert, wenn man nicht gerade zur Blues- Polizei gehört. 

Text und Fotos: © Tony Mentzel 

PS
In meinem Briefkasten lag heute Post aus Nordirland, über die ich mich sehr gefreut habe: 

Pat McManus

Pat McManus - Live...and In Time

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Vargas Blues Band am 01.11.2009 im Topos, Leverkusen

 

Javier Vargas
Javier Vargas

Ich habe einige Konzerte besucht in den vergangenen Monaten. So stelle ich mir oft die Frage, was ist denn nun und gerade bei diesem Konzert anders und besonders im Vergleich zu den Vorherigen?

Ist es dieses Mal Javier Vargas’ Gitarrenspiel, Tim Mitchell’s Gesang? Luis Mayo’s Bassspiel, Alvaro Tarquino Chevere’s Percussion. oder dessen Gesang oder ist es Peter Kunst mit seiner Art das Schlagwerk zu bedienen?

Ich denke, dass es wie jedes Mal nicht die Einzelcharaktere ist, sondern die Chemie zwischen den Agierenden. Das Gemisch der Fähigkeiten und Persönlichkeiten.

Ich vermute, über die Virtuosität eines Javier Vargas an der Gitarre brauche ich nicht viele Worte zu verlieren. Sie steht und fällt in keiner Sekunde hinter den Erwartungen zurück. Besonders möchte ich seine Technik erwähnen, zwischen Standard- und Slidespiel zu wechseln. Mir war gar nicht so bewusst, was für ein grandioser Slider Señor Vargas ist. Er beherrscht alle von ihm angeschlagenen Stilarten. Das reicht vom schwärzesten Blues über Bluesrock und Latino bis hin zum Hardrock. Kurz: Ein Meister des Fachs Gitarre. Basta.

Seine Mimik verrät, dass er in seinem Spiel aufgeht. Die Augen hat er meist geschlossen. Javier Vargas wirkt in sich gekehrt, introvertiert und immer auf der Höhe des Geschehens.

Tim Mitchell

Ganz anders Tim Mitchell. Ein wahres Showtalent. Die sprichwörtliche „Rampensau“. Er gestikuliert, mimt, tanzt, schreitet, dreht sich um die eigene Achse, gibt den Clown. Aber alles wirkt so natürlich und leichtfüßig, man bekommt keine Sekunde den Eindruck, hier sei etwas aufgesetzt.

Dazu ist dieser Mann noch mit einer Stimme gesegnet, die es in ihrer Variationsmöglichkeit locker mit der eines Al Jarreau aufnehmen kann. Da ist alles drin, die ganze Bandbreite vom Falsettgesang bis hinunter in die Tiefen eines Barry White. Ob er nun leise oder laut, sanft oder rau singt, er weiß mit seiner Stimme zu spielen. Es macht Spaß, ihm zuzuhören und zuzusehen.

Auf der Setliste stehen Songs wie: «Big Boss Man», «Texas Tango», «Black Cat Boogie», «People Get Ready» oder «Sad Eyes».

Bassisten stehen zu Unrecht oft im Schatten der anderen Akteure auf einer Bühne. Es mag sein, dass dieses ihnen oft angenehm ist, nicht so im Rampenlicht zu stehen. Sie tun brav ihren Job und dienen somit dem Großen und dem Ganzen.

Javier Vargas

Anders heute Abend: Luis Mayo, der Mann aus Argentinien und bisheriger Backgroundsänger, tritt für einige Songs ans Mikrofon. Tim Mitchell hat die Bühne verlassen und ihm damit den Hauptgesangspart überlassen.

«Blues Local» Luis Mayo singt auf Spanisch. Jetzt kommen bei den Songs die Latinoadern durch. Luis singt mit solchem Charme und solcher Inbrunst, dass man schon automatisch nach Tränen stillenden Hilfsmitteln sucht.

Fazit: Ein tolles Konzert mit ebenso toller Bühnenshow, fünf gut aufgelegte Musiker und ein mitgehendes Publikum. Was will man mehr an so einem Konzertabend als gute Unterhaltung. Und die hatten alle, die da waren.

Unbedingt nicht verpassem, wenn in der Nähe….

Vargas Blues Band

Text und Fotos © Tony Mentzel

Larry Miller am 03.11.2009 im Talbahnhof, Eschweiler

Larry Miller

Larry Miller

Es ist meine dritte Begegnung mit diesem britischen Musiker und diese Begegnungen sind auch irgendwie immer welche der dritten Art.

Larry Miller ist nicht nur ein ausgezeichneter Gitarrist und Sänger, er ist zudem ein hervorragender Comedian und somit, wenn man das alles zusammennimmt, ein gnadenlos guter Entertainer.

Die etwa 60-70 Leute im Publikum bekommen heute Abend im Eschweiler Talbahnhof für 12 Euronen eine Show mit absolut hohen Unterhaltungswert.

Larry weiß mit dieser zunächst zurückhaltenden und abwartenden Masse umzugehen. Slapstick gerecht stolpert er auf die Bühne, taumelt bis zum Mikrofon und ruft dort hinein: „I wanna hear some noise!“ Verhaltene „Noise“ Bekundungen reichen ihm nicht, er will mehr. Und er bekommt mehr. Und noch mal mehr. Und schon hat er das Publikum in der Tasche.

Er wird zwei Sets spielen und Songs hat er reichlich im Gepäck, aus eigener wie aus fremder Feder. Das Programm ist musikalisch abwechslungsreich und gleichzeitig auf höchstem Niveau und wird zusätzlich gewürzt durch Larrys humorvolle Zwischentexte.

Stilistisch bewegt sich Mr. Miller zwischen seinen beiden großen Vorbildern Jimi Hendrix und Rory Gallagher. Ein Beispiel hierfür ist «Messing With The Kid», das Junior Wells 1960 als erster aufnahm und von dem es mittlerweile zig Versionen gibt. Eins der für mich besten Cover ist das von Rory Gallagher, an dessen Version die Interpretation von Larry Miller stark angelehnt ist. Es ist der zweite Titel im ersten Set und jetzt ist bereits klar, wohin die Reise heute Abend gehen wird: Blues und Bluesrock vom Allerfeinsten wird von Larry und seinen beiden Begleitern Derek White am Bass und Simon Baker an den Drums. Die Beiden unterstützen Larry’s Gitarreneskapaden aufs Vorzüglichste. Egal, ob die Songs «Sinking Sun», «Calling All The Angels», «Mr. President» oder Daddy’s Car» heißen.

Mit dieser neuen Besetzung kommt mir das alles noch druckvoller vor als ich es noch in Erinnerung hatte. Vielleicht liegt es auch daran, dass Larry’s Hauptgitarre heute nicht seine Les Paul (die hat er wohl daheim gelassen) ist, sondern eine im Lack ziemlich ramponierte Stratocaster.

Als dann Rory’s «I Take What I Want» in einer gefühlten 10 Minuten Version erschallt und den Raum füllt, fühle ich mich zum letzten Freitag, das heißt zu dem großartigen Konzert von Julian Sas zurück-versetzt. Diese beiden Interpretationen stehen sich in der Qualität in nichts nach.

Bei der ersten Zugabe kommt dann Larry’s exotisch dreinschauende Vox Gitarre noch zum Slideeinsatz: Wie zu erwarten folgt der «Bullfrog Blues» und der hat es wirklich in sich. Larry Miller weiß auch als Slidegitarrist zu überzeugen.

Mit einer Zugabe lässt sich das begeisterte Publikum nicht abspeisen. Es folgen also noch zwei Weitere. Larry spielt hier ein kleines Jimi Hendrix Set, dafür nimmt er die wohl eigens zu diesem Zweck mitgebrachte schneeweiße Strat aus dem Guitarstand. Erinnerungen an Jimi’s Axt in Woodstock? Und was spielt Mr. Miller? «Purple Haze», gefolgt von «Star Spangeled Banner», gefolgt von «Voodoo Chile». Lustig, denn Jimi spielte die Titel in Woodstock in umgekehrter Reihenfolge. Nicht desto trotz kommen die Hendrixsongs sehr authentisch aus den beiden Marshall- Stacks. Ein nostalgischer und wahrer Hörgenuss wie zuvor schon «Red House».

Jetzt ist die werte Zuhörerschaft ganz aus dem Häuschen und die Zugaberufe wollen nicht verhallen. Larry stolpert ein letztes Mal auf die Bühne und gleich das erste Riff lässt erkennen, dass «Hey Joe» der nächste Song sein wird.

Mann, oh Mann! Larry Miller braucht sich wirklich nicht zu verstecken. Er bringt die Titel mit einer schon fast provokanten und selbstverständlichen Leichtigkeit und einem grimassierenden Mordsspaß herüber und das dazu noch absolut treffsicher in Sound und Spieltechnik. Ein brillanter, furioser Abschluss eines brillanten und furiosen Konzerts, das in seiner Art der Darbietung seines Gleichen sucht.

Fazit: Dazu möchte ich Klaus Schmidt von Tourworks zitieren, der seinen Schützling so ankündigt: „Erfreulich, dass so viele zu diesem Konzert gekommen sind, schade für die, nicht hier sind und die wieder einmal einen tollen Konzertabend verpassen werden.“ Genauso war es, ist es und wird es sein, deswegen Larry Miller und Band beim nächsten Mal unbedingt nicht (schon wieder) verpassen.

Text & Fotos © 2009 Tony Mentzel