Deborah Coleman am 24.10.2009 in Schmallenberg

Deborah Coleman

Deborah Coleman

 

„Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich, zumindest was mich angeht, ein wirkliches Bedürfnis habe, es lebendig und spontan zu halten. Das ist, was mir wichtig ist und ich denke das ist es auch bei den meisten in meinem Publikum.

Diesem in einer Pressemitteilung geäußerten Lippenbekenntnis lässt Deborah Coleman Taten folgen, an diesem Samstagabend im Oktober im sauerländischen Schmallenberg.

Und diese Taten haben es in sich, soviel sei schon verraten, wobei die Mittäter das Ihrige und das zum Besten tun: Roger Inniss am sechssaitigen Bass, Denis Palatin (oft und gerne gesehen als Trommler des Blues Caravan) an den Drums und ein weiterer Gitarrist, dessen Name zwar mehrfach genannt wurde, ich aber im beigeisterten Publikumstumult leider nicht verstehen kann.

Was vom ersten Titel an von der Bühne auf uns Zuhörer niedergeht, ist eine geballte Bandleistung. Klar, Deborah Coleman ist die Frontfrau. Aber die von ihr gewünschte Forderung nach Lebendigkeit und Spontaneität erfüllen ihre drei Mitmusiker bis in die Haarspitzen.

Es findet sich nicht ein Song, der einfach nur herunter gespielt, im 08-15 Gewand daher käme. Dass Musik Gefühle zum Ausdruck bringt, ist hinlänglich bekannt, hier ist es mehr, weitaus mehr, hier ist wahre Leidenschaft im Spiel.

Kaum einer der Titel kommt unter zehn Minuten Spieldauer. Sie sind gespickt mit Spannungsbögen, die immer wieder von neuen Ideen aller Beteiligten gestaltet werden. Die Bass und Rhythmusmaschinerie, genial besetzt durch Roger Inniss und Denis Palatin, beide nach meinem Dafürhalten Weltklassemusiker, die zudem so was von gut aufeinander eingespielt sind, treibt unerbittlich nach vorne. Deborah spielt ihre Soli auf ihrer Telecaster in sich versunken mit geschlossenen Augen. Und das alles sauber auf den Punkt, hier gibt es keinerlei Ausfälle.



Songs wie «I’m A Woman» oder «Them Changes» gehen einem in Mark und Bein, letzteres will dann auch gar nicht mehr still stehen. Der Sound ist optimal, vor der Bühne wird getanzt, das Publikum ist bestens drauf. Was will man mehr?

Doch es gibt diesen Wunsch nach Mehr, der wird öffentlich durch nicht anhaltende Zugaberufe. Lange lassen sich die Vier auch nicht bitten. Sie kommen diesem Wunsch in reichlich bemessener Form nach.

Die musikalische Darbietung ist natürlich modern, doch die Art der Interpretation erinnert mich an Konzerte aus den frühen Siebzigern. Auch hier wurde den Bandmitgliedern genügend Raum und Zeit geboten, ihre Qualitäten solistisch unter Beweis zu stellen. Damals wurde auch improvisiert, was das Zeug hält. So auch heute und bei dieser Band.

Man feuert sich gegenseitig an zu interessanten Läufen und Wendungen, nimmt sich gegenseitig mit auf Tonreisen und -eskapaden, die jedoch niemals im Nirvana verlaufen, sondern auch immer zielsicher wieder zum eigentlichen Song zurückführen.

Diese Darbietung beschert uns, den Zuhörenden und Zuschauenden, eine atmosphärische Dichte von nicht erahntem Ausmaß. Selbst mir, der diese Band erst zuletzt vor einem halben Jahr gesehen hat, bleibt nur enthusiastisches Staunen ob dieser Steigerung zum Konzert vom April.

Fazit: Zumindest muss ich nicht meckern, was die Publikumsgröße angeht. Es tut gut zu sehen, dass Blues auch immer wieder so viele Menschen in seinen Bann ziehen kann. Dafür danke ich den Veranstaltern und auch den Musikern an diesem Abend. Und was Deborah Coleman und ihre Band anbelangt, spreche ich ein „Unbedingtnichtverpassen“ mit Auszeichnung aus.

Text & Fotos © 2009 Tony Mentzel

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